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Immer wieder gehen Frauen, inter- und nonbinäre Menschen auf die Strasse, um die sexualisierte Gewalt und Gräuel, die wir erleben, zu thematisieren und mit dem Ziel sie zu beenden. In diesem Zusammenhang wird häufig von bürgerlichen Politiker*innen die Forderung nach härteren Strafen für Täterpersonen laut. Um Sicherheit zu schaffen, sei eine stärkere Überwachung des öffentlichen Raums und mehr Polizeipräsenz unerlässlich. Diese Forderungen negieren wesentliche Fakten, die die feministische Bewegung seit Jahrzehnten auf den Tisch bringt. Zum einen schaffen Polizeipräsenz und Kontrolle des öffentlichen Raums vor allem Sicherheit für weisse Frauen, denen auch sonst kein Stigma wie Sucht oder Sexarbeit anhaftet. Zum anderen sind in laut einer österreichischen Studie in 80% der Fälle sexualisierter Gewalt die Täter dem Opfer bekannt[1]. Die grösste Gefahr für eine Frau ist ihr Partner oder Expartner, nicht der fremde Mann.
Es ist also in Zweifel zu ziehen, dass die Totalüberwachung und Kontrolle des öffentlichen Raums das Problem sexualisierter Gewalt wirklich bekämpft, denn die Ursache der Gewalt an Frauen und weiblich gelesenen Menschen ist nicht im öffentlichen Raum zu verorten, sondern in misogynen, patriarchalen Machtstrukturen, die sich quer durch die Gesellschaft ziehen. Ich möchte sogar behaupten, dass der Aufbau totalitärer Überwachungs- und Kontrollsysteme das Problem verschärft. Diese Art Sicherheit zu schaffen, zielt nicht auf eine feministische Befreiung, sondern auf die Anrufung einer autoritären Kontrollinstanz ab, die auch patriarchal ist und hervorbringt, was es zu bekämpfen gilt. Um das zu erklären, wage ich einen Exkurs, der sozialpsychologische Verbindungen von Patriarchat und Faschismus in bürgerlich kapitalistischen Gesellschaften aufzeigen soll. Es sind Verbindung, die wir in der politischen Auseinandersetzung spüren und in der Aneinanderreihung unserer Parolen auf Demonstrationen vor uns hertragen, aber es fehlt eine Analyse der zugrundeliegenden meist autoritären Selbstkonstruktionen, die diese Gewalt hervorbringt.
Zusammenhänge von Faschismus und Patriarchat finden wir bereits in den 1930er Jahren bei der englischen Schriftstellerin, Feministin und Friedensaktivistin Virginia Woolf.
So schreibt sie in einem Essay über den Faschismus (1938): «Dort [in den Äußerungen der Politiker und Journalisten] haben wir in Embryoform die Kreatur, Diktator (…), die glaubt, dass sie das Recht hat, ob von Gott, Natur, Geschlecht oder Rasse gegeben, ist unerheblich, anderen Menschen vorzuschreiben, wie sie leben sollen; was sie tun sollen»[2]
Faschismus ist für sie nicht der Beginn der Barbarei in einer sonst heilen Gesellschaft, sondern er ist der bürgerlichen, patriarchalen, kapitalistischen Gesellschaft inhärent. Diese Gesellschaft bildet das Fundament auf dem Faschismus entstehen kann.
In den 1940er Jahren finden wir ähnliche Analysen auch bei der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule, also bei Theodor Adorno und Max Horkheimer. In der Dialektik der Aufklärung gehen sie der Frage nach, weshalb «die Menschheit, anstatt in einen wahrhaft menschlichen Zustand einzutreten, [mit dem Faschismus] in eine neue Art von Barbarei versinkt»[3]. Sie zeichnen am Epos der Odyssee nach, wie der Fortschritt der Aufklärung, die in der bürgerlichen Revolution mündete – mit ihrer Abwendung von Gott, der Hinwendung zur Wissenschaft, der Überwindung des Feudalismus und der Gründung der modernen bürgerlichen Staaten – zugleich ins Reaktionäre umschlug und eine Welt schuf, die auf Unterdrückung, Raubbau und Naturzerstörung – alles im Sinne der Moderne – abzielt.
Gleichzeitig darf die europäische Geschichte vor der bürgerlichen Revolution, nicht romantisiert werden. Sie war stets von Gewalt geprägt und das Patriarchat in anderen Facetten ein stetiger Begleiter. Doch mit dem Zeitalter der Aufklärung, das für viele Menschen Befreiung brachte, wurde auch den Frauen ein Platz als Untergebene der Männer zugewiesen. Wo früher eine ständische Ordnung die gesellschaftliche Hierarchie sicherte, nahm zunehmend eine Klassen- und Geschlechterordnung Platz. «Die Frau» wurde verandert (othering), zum Objekt gemacht und ebenso wie die Natur dem männlichen bürgerlichen Subjekt unterworfen und ausgebeutet.[4]
Horkheimer und Adorno beschreiben in der Dialektik der Aufklärung zwei Arten ein bürgerliches Subjekt zu werden. Dies veranschaulichen sie am Beispiel des Sirenengesangs in Homers Odyssee und greifen damit auf eine für Europa wichtige kulturelle Erzählung zurück. Während sich Odysseus im Epos als Befehlshaber an den Schiffsmast ketten lässt, um dem Gesang der Sirenen und den Verlockungen zu lauschen ohne seiner Triebhaftigkeit zu erliegen, wird er im Leiden mündig.[5] Die Zurichtung und Beherrschung seiner Selbst formt ihn zum Mann. Seine Untergebenen, die Ruderer gehen einen anderen Weg. Sie verstopfen ihre Ohren mit Wachs und rudern, wie ihnen befohlen wurde. “Ihr Weg war der von Gehorsam und Arbeit, über dem Erfüllung immerwährend bloss als Schein, als entmachtete Schönheit leuchtet.”[6] Das bürgerlich männliche Subjekt formt sich also entweder aus dem Gehorsam oder in der Unterwerfung und Abspaltung seiner eigenen Natur bzw. seiner Triebe. Männlichkeit wird in Adornos und Horkheimers Odysseus-Analyse also an Gehorsam und harter Arbeit oder aber durch Kontrolle der Triebe insbesondere der Sexualtriebe konstruiert.
Im Gegensatz von dieser Art der männlichen Subjektivierung durch Arbeit und Unterwerfung wird den den Frauen das Vorhandensein von Trieben und eine Subjektivierung in dieser Form vor allem seit der Epoche der Aufklärung abgesprochen. Ihnen wurde eine passive Rolle in der häuslichen Sphäre zugewiesen, während Männlichkeit an Aktivität und ausserhäusliche Erwerbsarbeit gekoppelt wurde. Auch wenn diese Trennungen gerade in der Arbeiter*innenklasse weder damals noch heute durchgehend stattfanden, wirkt die Ideologie dieser dichotomen Geschlechterteilungen bis in die heutige Zeit und wird als etwas Naturgegebenes normalisiert. Dabei wird den Frauen die bürgerliche Subjektwerdung abgesprochen, da sie keine Triebe hätten, die unterworfen werden müssten oder sie durch harte Arbeit und Gehorsam zum Subjekt formen könnten. Völlig ausser Acht gelassen wird dabei, dass die häusliche Arbeit, das Gebären oder die Sorgearbeit an Alten, Kranken und Kindern in der Logik der aufkommenden kapitalistischen Gesellschaft als Naturressource verstanden wird, jedoch nicht als gesellschaftsnotwendige Arbeit, die sie ist. Umso wichtiger sind auch die feministischen Kämpfe wie sie von Care-Revolution oder marxistischen Feministinnen wie Frigga Haug geführt werden, die Arbeit für das Leben ins Zentrum stellen.
Exkurs zur Psychoanalyse
Horkheimer und Adorno erklären in ihrem Werk die Subjektwerdung des Odysseus aus einer psychoanalytischen Perspektive und berufen sich dabei indirekt auf die Theorien Sigmund Freuds. Freud versteht das bürgerliche Subjekt als Einheit einer dreigliedrigen Hierarchie, die sich durch Unterwerfung im doppelten Sinn zusammenschmiedet. An der Spitze des Drei-Instanzen-Modells von Freud steht das «Über-Ich». Es repräsentiert Normen, Werte, Gehorsam und Moral. Dazu gehören auch patriarchale Normen und Glaubensvorstellungen, denen sich die zweite Instanz, das «Ich» unterwerfen muss, um soziale Anerkennung zu verdienen. Dieses «Ich» als zweite Instanz agiert als bewusstes Alltagsdenken, das Entscheidungen trifft und zwischen der ersten Instanz und der dritten Instanz, dem «Es» , also Bedürfnissen wie Libido, vermittelt. Dazu unterwirft das «Ich» das «Es», indem es Triebe, Emotionen und Affekte im Sinne der Obrigkeit, des «Über-Ichs», abspaltet. In der Folge beschreitet das «Ich» einen doppelten Akt der Unterwerfung. Es unterwirft sich den Normen und es unterwirft seine Bedürfnisse unter die Gebote und Verbote des «Über-Ichs».
Daraus lässt sich schlussfolgern, dass das Unterwerfen und Unterworfenwerden in heteropatriarchalen, kapitalistischen Gesellschaften ein ständiger Akt ist. Dieser muss nicht im Faschismus enden, aber er entspricht der gleichen Logik. An die Stelle, an die wir Akzeptanz und Gemeinschaft in Vielfalt setzen könnten – in uns selbst als Menschen, wie nach aussen in der Gesellschaft – tritt ein grösstenteils unbewusster Prozess, der Unterwerfung und Zerstörung verlangt.
Unterwerfung und Faschismus
Klaus Theweleit hat sich vor 40 Jahren der Verbindung von Faschismus und Männlichkeit gewidmet. In seinem Werk «Männerphantasien» hat er die deutsche Freikorpsliteratur analysiert und provokante, wie spannende Thesen entwickelt, die die Frage nach Unterwerfung bzw. bürgerlicher Subjektivierung, nach Patriarchat und Faschismus neu aufrollten und u.a. um die Themen der Nation und Männlichkeit ergänzten.
So macht er beispielsweise bei der Nation bzw. Nationenbildung drei Erscheinungsformen aus.[7] In erster Linie wird die Nation über das Soldatentum also den Militarismus beschworen. Es geht ihm hierbei nicht um Landesgrenzen und Staatsform oder gar eine kulturelle Gemeinschaft, sondern um “eine ganz bestimmte Art der Männergemeinschaft, […] nach der man sich lange «gesehnt» hat, die durch «Anruf des Blutes» entsteht […] und soldatisch ist.”[8] Diese Vorstellung der Nation geht beispielsweise einher mit der Bewaffnung der Freikorps und knüpft eng an die soldatische Gemeinschaft des Schützengrabens an.
Die zweite Erscheinungsform rekurriert auf die Nation im (soldatischen) Mann selbst. Die männliche Seele wird zum Austragungsort des Kampfes um die Einheit der Nation, die zugleich das “mit-sich-eins-Sein des Leibes des soldatischen Mannes nach schweren Eindämmungskämpfen”[9] formiert. Wir sehen auch in diesem Austragungsort einen Kampf zwischen Leben und Tod, Sinn und Wahnsinn sowie Erfüllung und dem Nichts.[10] In diesem Sinne entsteht auch eine gewisse Selbstfeindschaft, wie sie auch von Adorno und Horkheimer beschrieben wird und Teil des Freud`schen Strukturmodells ist.
Die dritte Erscheinungsform der Nation nach Theweleit sieht den unterworfenen und unterwerfenden Mann an der Macht. National kann ein Staat nur sein, wenn der Nationalist, der Führer, ja das Soldatentum herrschen.[11] Die Nation wird als “Kern des Volkes selbst” verstanden.[12] Es geht darum, sich immer wieder aus sich selbst herauszuschmieden, um die “Haltung Nation anzunehmen, die das Produkt schwerer Arbeit ist.”[13] Demnach wird das Volk zum Rohstoff, der bearbeitet wird, um die Nation zu schmieden.
Allen drei Erscheinungsformen der Nation ist gemein, dass sie das Männliche ins Zentrum stellen. Theweleit erklärt dazu: “Wenn diese Männer [..] sagen, sie kämpften für ihr Deutschland, die Heimat, für ihre Lieben, ihr Volk und sie täten das als Nation, so heißt das deutlich, sie kämpfen für ihre Herrschaft über den Rest.”[14]
Genau diese fanatische Überzeugung finden wir nicht nur im deutschen Nationalsozialismus, sondern auch im Neoosmanismus. Die Propaganda des Türkischen Machthabers Erdogans «Tek Millet, Tek Bayrak, Tek Vatan, Tek Devlet»[15] spiegelt das deutlich wieder: Es geht um die Schaffung der (männlich dominierten) Einheit einer ganz bestimmten Form der Nation, des Staates, der Heimat und der Flagge, wobei das Volk zum Rohstoff für den Kampf wird.
In diesem Kontext ist der Kampf für die Nation ein Kampf um Unterwerfung im doppelten Sinn, wie er auch bei Adorno/Horkheimer oder bei Freud auf der Subjektebene geführt wird. Doch nun verlagert sich der Schauplatz auf die Gesellschaft. Die Norm fordert, dass geopfert wird: Einerseits findet Selbstaufopferung statt, um andererseits opfern zu dürfen. Die Nation verlangt nach Opfern, die denen, die dem Führer folgen, häufig als etwas Immaterielles und Sittliches, als Tugend erscheinen. Zugleich erhalten sie damit aber auch etwas, das ihr Opfer aufwiegt: “es ist das Recht, zu töten […], was nicht hat sich opfern wollen”[16], wie Theweleit schreibt.
In diesem Sinne erhält der Mann, der sich den Werten des Nationalismus (Sprache, Religion, Staatstreue…) unterwirft, das Recht zu unterwerfen, was sich nicht hat «nationalisieren» lassen – in Bezug auf die Türkei meint dies alle, die sich einer ethnischen, politischen oder religiösen Minderheit, anstelle der Nation zugehörig fühlen.
In dieser Bereitschaft zu herrschen und (andere) zu opfern, sehen wir einen zentralen Punkt, den Faschismus und Patriarchat in ihrer Logik gemein haben. Denn Männer[17] erhalten mit ihrer eigenen Unterwerfung unter eine autoritäre Ideologie das Recht andere zu opfern. Das Repertoire des Opferns reicht von der Erniedrigung von Frauen, weil sie die Regeln des Patriarchats missachten, bis zum Femizid, der Auslöschung.[18]
Feminisierte Körper als Territorien
Nicht nur Männerkörper werden zum Austragungsort autoritärer Kämpfe. Auch das Patriarchat opfert. Frauenkörper werden zum Schlachtfeld stilisiert, um männliche Herrschaft zu sichern. [19] So benennt es die in Mexiko lebende feministische Aktivistin Emanuela Borzacciello.
Sie beschreibt in ihrem Beitrag «Mein Körper ist ein Schlachtfeld», wie in Mexiko Frauenkörper beherrscht werden, indem man Frauen ihres Körpers enteignet. Sie werden getötet im sichersten aller Räume, ihrem Zuhause. Sie werden moralisch geplündert, entkleidet und entwürdigt, indem ihre Körper an Orten ihres alltäglichen Lebens ausgestellt werden. Frauenkörper werden benutzt, um die Macht des Mannes in der Gemeinschaft zu beweisen.
Was Borzacciello hier als Patriarchatskritik beschreibt, könnte auch die Geschichte der kurdischen Politikerin und Frauenrechtlerin Havrin Khalaf sein, die am 12. Oktober 2019 von islamistischen Milizen brutal hingerichtet wurde. Diese Ermordung wurde gefilmt, ihr Leichnam geschändet[20], um damit genau diese Macht faschistischer Männer symbolisch in die Gedächtnisse von uns allen zu brennen.
Borzacciellobeschreibt die Gewalt, die tausende Frauen in Mexico Stadt erleben, auf die gleiche Weise wie diesen Mord: «Wer ein Territorium beherrschen will, muss es markieren, muss seine Grenzen ziehen. Um das zu erreichen, werden Körper benutzt. […] Heute will der Täter nicht mehr die Spuren seines Mordes verwischen. Und so wissen alle, wer die Macht in den Händen hält, wer die Angst verwaltet, wer die Entscheidungen treffen kann.»[21]
Im Mord von Havrin Khalaf fallen faschistische und patriarchale Gewalt in eins, weil Täter und Methode offensichtlich beides zugleich verkörpern. Doch es erstaunt wenig, dass eine Machtdemonstration durch die Enteignung und moralische Plünderung der Körper eine patriarchale und zugleich faschistische Praxis ist. Und sie ist Alltag für Millionen Frauen, weil ihre Körper nichts anderes als eine Ressource sind, derer Mann sich bedienen kann.
Exkurs in die jüngere Geschichte
Die Türkei hat das zweitgrösste NATO-Heer und gibt 17 Milliarden US-Dollar für Rüstung aus. Die zunehmende Militarisierung ist in der Türkei aber auch in anderen NATO-Staaten spürbar. Daneben findet eine Bewaffnung der Grauen Wölfe und anderer faschistischer Milizen statt, die losgeschickt werden, um zu töten. Sie erhalten, wie Theweleit treffend beschreibt, das Recht zu töten, was sich nicht freiwillig hat opfern wollen.
Dieser Logik des Opferns und Unterwerfens folgen auch Patriarchat und andere bürgerliche Institutionen. Es müssen nicht faschistische Milizen sein, die losgelassen werden, um zu töten, wie im Fall der HDP-Parteisekretärin Deniz Poyraz. Es können auch Journalist*innen sein, die Virginia Woolf als Embryoformen der Kreatur Diktator[22] beschreibt, um die homosexuelle Volleyballspielerin Ebrar Karakurt zu demütigen. Es kann auch der Staat selbst sein, der demütigt und sein Revier markiert, indem er Frauenzentren wie Rosa in Amed schliesst oder unsere Körper direkt angreift, wie dies auf den Pride-Veranstaltungen 2021 in Istanbul und Ankara, aber auch am 8. März 2021 in Zürich geschah.
Der bürgerliche Staat hat viele Wege sein Revier zu markieren und uns unserer Körper und Leben zu enteignen. Er kann auch Gesetze erlassen, die Gewalt normalisieren und Täter schützen, wie mit dem Austritt der Türkei aus der Istanbulkonvention. Mit misogynen Gesetzen steht die Türkei bei weitem nicht allein. Auch in Europa führen feministische Bewegungen permanent Auseinandersetzungen um ihre bzw. unsere Körper. Sei dies in der Debatte um Schwangerschaftsabbruch oder der alltäglichen Entwertung all der Arbeit, die Frauenkörper bzw. weiblich gelesene Körper leisten.
Es ist das Zusammenspiel verschiedener Instanzen der bürgerlichen Gesellschaft, die die Zurichtungen an unseren Körpern normalisiert und bis in unser Selbstverständnis als Individuen hineinwirkt. Patriarchat und Faschismus konstruieren eine Ordnung, der sich alle unterwerfen müssen, um das Privileg, das Recht und die Pflicht zu erhalten andere zu unterjochen.
Die kapitalistische Moderne formt Menschen auf eine Weise, in der sie in Feindschaft zu sich selbst und zu anderen geraten. Die hier wirkenden Mechanismen spüren wir in der konkreten Auseinandersetzung mit dem Faschismus aber auch mit dem Patriarchat, denn die Logiken der Unterwerfung sind miteinander verbunden. Wer den Faschismus anprangert, sollte zum Patriarchat und seinen Normen nicht schweigen. Schliesslich sind es nicht selten unsere Väter, Ehemänner, Partner oder Brüder, die unsere Körper auslöschen oder mit Schlägen markieren.
In der Logik patriarchaler, kapitalistischer und autoritärer Normen wird auf Unterwerfung gesetzt, obwohl die Existenz der anderen als Voraussetzung für die eigene Existenz begriffen werden müsste. Das ist kein Plädoyer für Love-Peace-Happyness in der Kleinfamilie, sondern viel mehr eine Aufforderung zur Änderung der Umstände in denen wir leben. Befreiung ist anders als die Idee bürgerlicher Freiheit uns weiss machen will, immer auch ein Kampf.
Frauenkörper und Körper, die als solche wahrgenommen werden, sind ein stets umkämpftes Territorium, weil sie als Ressource verstanden werden und zugleich sind sie ein Ort des Widerstands. Nicht nur in existenziellen Bedrohungslagen, sondern in jedem Moment, in dem wir eine Entscheidung für uns selbst treffen und in jedem Moment, den wir mit anderen in Solidarität und freundlicher Gemeinschaft verbringen. In jedem Moment, in dem wir Unterwerfung anderer oder der Unterwerfung von uns selbst eine Absage erteilen, wächst auch die Hoffnung auf eine andere Welt.
*Franziska Stier ist Sekretärin der Partei Basta! (Basels starke Alternative) in der Schweiz
[1] https://www.sexuellegewalt.at/informieren/zahlen-fakten/
[2] Woolf, Virginia; Drei Guineen, 2001, S. 191 siehe auch Maihofer, Andrea; Femina Politica 2017/1 S. 167
[3] Horkheimer/Adorno; Dialektik der Aufklärung S.1)
[4] Um nicht missverstanden zu werden, möchte ich festhalten, dass patriarchale Ordnungen deutlich älter sind als der aufkommende Kapitalismus. Sie nahmen aber mit der bürgerlichen Revolution einen anderen Stellenwert ein. Die Ständische Ordnung des europäischen Mittelalters überragte beispielsweise die Bedeutung von Geschlechtsunterschieden.
[5] vgl. Horkheimer/Adorno; Dialektik der Aufklärung, S. 39
[6] Horkheimer/Adorno; Dialektik der Aufklärung, S. 40
[7] vgl. Theweleit, Klaus; Männerphantasien 2, S. 127ff
[8] Theweleit, Klaus; Männerphantasien 2, S. 129f
[9] Theweleit, Klaus; Männerphantasien 2, S. 135
[10] vgl. Theweleit, Klaus, Männerphantasien S. 134
[11] vgl. Theweleit, Klaus; Männerphantasien 2, S. 142
[12] vgl. Theweleit; Männerphantasien 2, S.135
[13] Theweleit, Klaus; Männerphantasien 2, S. 136
[14] Theweleit, Klaus; Männerphantasien 2, S. 136
[15] Übersetzung: Eine Nation, eine Flagge, ein Heimatland, ein Staat
[16] Theweleit, Klaus; Männerphantasien 2, S. 150
[17] Ich spreche an dieser Stelle von Männern, da sie innerhalb patriarchaler aber auch faschistischer Ideologien machtvoller sind und diese Macht auch ausüben. Es ist jedoch wichtig zu sagen, dass Frauen ebenfalls Träger*innen patriarchaler Werte und Normen sind und diese häufig auch vermitteln. Sie tradieren sie bspw. an ihre Kinder und festigen so autoritäre oder patriarchale Normen. Gleichzeitig machen auch Sie von patriarchalen Rechten Gebrauch indem sie andere Frauen zu unterdrücken bspw. slutshaming oder victimblaming.
[19] Vgl. https://www.rosalux.de/publikation/id/40077#_ftn4
[20] https://anfdeutsch.com/frauen/syrischer-frauenrat-fordert-handeln-gegen-invasion-15532
[21] https://www.rosalux.de/publikation/id/40077#_ftn4
[22] Vgl. Woolf, Virginia; Drei Guineen, 2001, S. 191 siehe auch Maihofer, Andrea; Femina Politica 2017/1 S. 167